Die Bedeutung der Nierendiagnostik für die Gesamtgesundheit von Tieren
Bei der Überwachung der Nieren von tierischen Patienten geht es um mehr als nur um chronische Nierenerkrankungen (CNE). Die Nierendiagnostik gewährt uns Einblicke in die Gesamtgesundheit eines Patienten; das gilt für alle Lebensphasen, bei gesunden wie bei kranken Tieren. Über die Nieren erhalten Tierärzte/innen die erforderlichen Informationen sowie Sicherheit bei der Besprechung der Befunde mit Tierhalter/innen und der Erstellung eines Therapieplans.
Die Nieren bilden eine der Grundlagen für die systemische Gesundheit: Sie unterstützen beinahe jedes Organ und jeden Körpervorgang. Zu den wichtigen Vorgängen, an denen sie beteiligt sind, gehören unter anderem die Regulierung des Blutdrucks, die Bildung von Erythrozyten, der Hormonhaushalt Gleichgewichts und die Beseitigung von Stoffwechselnebenprodukten und Giftstoffen.25 Nierenuntersuchungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Behandlung der CNE, doch das ist noch nicht alles: Sie geben Aufschluss über die Gesamtfunktion der einzelnen Organe und machen Tierärzte/innen auf eine mögliche Schädigung oder Erkrankung aufmerksam, die die Nieren oder andere Organe betrifft.
Abweichungen bei den Laborbefunden geben Hinweise für die weitere Abklärung
Sollten die Untersuchungsergebnisse außerhalb des normalen Referenzintervalls liegen, können sie auf eine Abnahme der Nierenfunktion, eine Schädigung der Nieren oder eines anderen Organs, eine Stoffwechselstörung oder diverse andere Prozesse hindeuten, die ein Risiko für die Homöostase, die langfristige Gesundheit oder die Narkoseverträglichkeit eines Patienten darstellen. Änderungen eines oder mehrerer Nierenwerte wie der Blut-Harnstoff-Stickstoff, Kreatinin und SDMA liefern vielleicht keine abschließende klinische Diagnose, sie sind jedoch ein Alarmzeichen, das auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen hinweisen kann.
Vektorübertragene Krankheiten können beispielsweise offenkundige klinische Anzeichen hervorrufen, aber auch für einen längeren Zeitraum unentdeckt bleiben. Aufgrund der zentralen Rolle der Nieren für die systemische Gesundheit betreffen Infektionskrankheiten häufig auch die Nieren. Der SDMA-Wert kann frühzeitig auf eine Abnahme der Nierenfunktion hinweisen. Erhöhte SDMA-Werte, ganz egal ob mit oder ohne klinische Symptome, könnten Tierärzten/innen eine Vorwarnung geben, dass eine vektorübertragene Erkrankung als zugrunde liegendes oder verdecktes Problem in Betracht zu ziehen ist – ganz besonders in endemischen Gebieten oder bei unbekannter Herkunft des Tieres.19,20
Die Beurteilung der Nieren beeinflusst die Wahl und Sicherheit der Narkose
Tierärzte/innen wissen nur zu gut, dass Patienten dazu neigen, zugrunde liegende Erkrankungen so lange wie möglich verbergen. Eine klinische Studie ergab, dass Laboruntersuchungen (bestehend aus einem Blutchemieprofil, großem Blutbild, SDMA, Harnuntersuchung und Gesamt-T4 {bei Katzen, die älter als 7 Jahre sind}) an über 200,000 gesund wirkenden Patienten bei jedem fünften ausgewachsenen Hund (im Alter von 4–8 Jahren) und bei jeder dritten ausgewachsenen Katze (im Alter von 7–9 Jahren) klinisch relevante Abweichungen aufdeckten. Der SDMA-Wert ist in diesem Zusammenhang besonders nützlich, da er einen Verlust der Nierenfunktion früher als andere Biomarker anzeigt.1,2,5
Insbesondere bei der Erstellung des sichersten Narkoseplans für einen Patienten spielt dieser Faktor eine entscheidende Rolle. Sollte es bei einem Hund zum Beispiel Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion geben, kann die Narkose angepasst werden, um die negativen Auswirkungen auf den Blutdruck zu reduzieren.25
Die Beurteilung der Nieren als Instrument bei Monitoring und Management von Erkrankungen
Die Ergebnisse einer Nierendiagnostik können für die Verlaufsüberwachung und das Management von Infektionskrankheiten und chronischen Erkrankungen herangezogen werden. Bei vektorübertragenen Erkrankungen bestünde ein Nutzen des SDMA-Werts darin, längerfristige Monitoring-Pläne zu unterstützen, da er sich allgemein früher als andere Nierenbiomarker erhöht.1,2,5 Eine Erhöhung könnte auf einen Rückfall oder ein Therapieversagen hindeuten – der/die behandelnde Tierarzt/ärztin hätte in diesem Fall die Möglichkeit, entsprechende Maßnahmen einzuleiten und möglicherweise das Leben des Tieres zu retten.
Überwachung der Nierenfunktion bei Hunden
Bei Hunden in endemischen Gebieten zeigen Studien eine Korrelation eines Nachweises der Exposition zu Borrelien oder Ehrlichia und des erhöhten Risikos einer CNE19,20 Umfasst das Blutchemieprofil eines Hundes, der von Zecken befallen war, auch den SDMA-Wert, so verfügen die behandelnden Tierärzte/innen über zusätzliche Informationen, um zu bestimmen, wie signifikant der Zeckenbefall war und ob das Tier weiterhin hinsichtlich der Entwicklung oder des Fortschreitens einer zeckenübertragenen Erkrankung überwacht werden sollte.
Überwachung der Nierenfunktion bei Katzen
Bei Katzen werden SDMA und andere Nierenbiomarker standardmäßig als Instrument eingesetzt, um im Falle einer CNE das Fortschreiten einer Erkrankung zu überwachen und die richtigen Behandlungsentscheidungen zu treffen. Zwei weitere Katzenkrankheiten, bei denen eine Überwachung des SDMA-Wertes sinnvoll ist, sind Hyperthyreose und retrovirale Infektionen: das Feline Leukämievirus (FeLV) und das Feline Immundefizienzvirus (FIV). Hyperthyreose und Retroviren beeinträchtigen die systemische Gesundheit, einschließlich der Nieren.
Bei vielen Katzen, die an einer Hyperthyreose leiden, kommt es zu einem Verlust von Muskelmasse, was eine verminderte Produktion von Kreatinin und ein ungenaues Bild der Nierengesundheit zur Folge haben kann.14,15 Der SDMA-Wert wird jedoch nicht durch einen Verlust der Muskelmasse beeinflusst und ist damit deutlich besser für die Überwachung entsprechender Patienten geeignet.3,15
Eine frühere Diagnose einer gleichzeitig vorliegenden Nierenerkrankung bei Katzen mit Hyperthyreose kann sich positiv auf die Lebensqualität und Überlebensdauer auswirken. Retroviren wie FeLV und FIV sind immer noch nicht ausreichend erforscht; Tierärzte/innen wissen jedoch, dass sie die Nierengesundheit beeinträchtigen können und dass sich Symptome, die in Verbindung mit diesen Viren auftreten, durch einen Verlust der Nierenfunktion verschlimmern können. Durch den früheren Nachweis einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion können Tierärzte/innen ein klareres Bild des Krankheitsverlaufs erhalten und entsprechende Schritte zur Unterstützung der Nieren einleiten.3,15
Die Bedeutung der Nierengesundheit
In puncto Gesamtgesundheit, Früherkennung von Erkrankungen und Behandlung chronischer Erkrankungen sind die Nieren wahrscheinlich die Organe, bei denen Tierärzte/innen besonders genau hinschauen sollten. Die Nierendiagnostik gibt nicht nur Aufschluss über die Gesundheit der Nieren, sie gewährt auch wertvolle Einblicke in die Gesamtgesundheit eines Tieres, was letztendlich in einer besseren Versorgung und Behandlung resultiert.
Literatur: https://www.thevetiverse.com/en/latest/sdma-references/
