Burnout in der veterinärmedizinischen Branche: 8 Anzeichen und wie man damit umgeht

Burnout im Berufsleben – ein Zustand der körperlichen oder emotionalen Erschöpfung – ist im veterinärmedizinischen Bereich seit einigen Jahren immer stärker auf dem Vormarsch.

Ein Whitepaper von Galaxy Vets in den USA, das im Januar 2022 veröffentlicht wurde, berichtete von einem statistisch bedeutsamen Anstieg verschieden schwerer Formen des Burnouts in der veterinärmedizinischen Branche. Berufseinsteiger/innen und TFA/TAH gehörten dabei zu den am häufigsten betroffenen Gruppen. Ein Studie, die im Februar 2022 in Frontiers in Veterinary Science veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass über die Hälfte in diesen Gruppen an einem berufsbedingten Burnout litten, und dies Branche jährlich über 2 Milliarden US-Dollar kostet.

Um dies zu verhindern, sind frühzeitige Interventionen entscheidend – angefangen bei der Erkennung der Symptome und Ursachen für Burnout bis hin zur Entwicklung von entsprechenden Gegenmaßnahmen und Strategien.

8 Anzeichen für Burnout

Burnout wirkt sich negativ auf unsere körperliche, geistige und emotionale Gesundheit aus. Häufige Burnout-Symptome sind:

  1. Zynisches oder kritisierendes Verhalten bei der Arbeit
  2. Überwindung, sich zur Arbeit zu "schleppen", und Mühe, durch den Tag zu kommen
  3. Reizbarkeit oder Ungeduld in der Interaktion mit Ihren Kolleg/innen und Tierhalter/innen
  4. Ausgelaugtsein, Konzentrationsmangel und Unproduktivität
  5. Desillusionierung über Ihren Beruf
  6. Konsum von Essen, Medikamenten, Drogen oder Alkohol als Stimmungsaufheller oder zur Betäubung
  7. Mehr oder weniger Schlaf als gewöhnlich
  8. Vermehrte Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Verdauungsbeschwerden und andere körperliche Probleme

Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen regelmäßig bei sich beobachten, leiden Sie möglicherweise an einem Burnout. Beachten Sie dabei jedoch, dass diese Symptome auch auf ernstere Erkrankungen wie Depressionen oder andere körperliche Störungen hinweisen könnten. Sprechen Sie daher unbedingt mit einem Therapeuten, Psychiater oder Ihrem Hausarzt.

Ursachen für Burnout in der Veterinärbranche

Burnout bei Tierärzten und anderen Berufen der Branche hat eine Reihe an spezifischen Ursachen. Dazu zählen:

  • Lange Arbeitszeiten
  • Zu viele Patienten pro Tag
  • Todesfälle bei Patienten und schlechte Outcomes
  • Beschwerden von Tierhalter/innen
  • Toxische Arbeitsumgebung
  • Herausforderungen durch die Pandemie

Falls Sie mit derartigen Problemen kämpfen, haben Sie ein höheres Risiko für berufsbedingtes Burnout.

Strategien zur Burnout-Prävention

Da Burnout sowohl als betriebliches als auch als individuelles Problem betrachtet wird, erfordern entsprechende Präventivmaßnahmen für die Veterinärmedizin einen zweigleisigen Ansatz und sehr viel Teamwork.

Individuelle Strategien

  • Beurteilen Sie die Schwere Ihres Burnouts.
  • Überlegen Sie, inwiefern Sie dazu neigen, zum "beruflichen Märtyrer" zu werden.
  • Priorisieren Sie Selbstfürsorge und allgemeines Wohlbefinden.
  • Entwickeln Sie eine Achtsamkeitsübung, die für Sie funktioniert, zum Beispiel Yoga oder Meditation.
  • Bewerten Sie vergangene negative Erlebnisse neu.
  • Setzen Sie Grenzen, um Ihre geistige Gesundheit und Ihr Wohlbefinden zu schützen.
  • Gönnen Sie sich Auszeiten und tägliche Pausen (ein Snack am Schreibtisch zählt übrigens nicht). Falls es Ihnen schwerfällt, die nötige Zeit dafür zu finden, sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten, um Ihre Arbeitslast zu reduzieren, oder fragen Sie nach bewährten Zeitmanagement-Tipps.
  • Beginnen und beenden Sie jeden Tag mit einem Gefühl der Dankbarkeit.
  • Umgeben Sie sich mit positiven Menschen und vermeiden Sie negative Einstellungen, wann immer möglich.
  • Begrenzen Sie Ihren Konsum von negativen oder schädlichen Nachrichten oder Social-Media-Botschaften.
  • Vermeiden Sie es, sich am täglichen Klatsch und Tratsch oder Beklagen von Mitarbeitenden zu beteiligen.
  • Nehmen Sie sich mindestens acht Stunden Schlaf pro Nacht und schalten Sie alle Bildschirme eine Stunde davor aus.
  • Erhöhen Sie Ihre Vitamin-D-Aufnahme, da ein Mangel Ihre Stimmung beeinträchtigen kann.
  • Versuchen Sie, jeden Tag 30 Minuten Bewegung zu bekommen, z. B. über einen kurzen Spaziergang oder gemeinsame Spiele mit Ihren Kindern oder Ihrem Haustier.
  • Achten Sie darauf, wann Sie emotional getriggert werden, und entwickeln Sie Strategien zur Selbstregulierung wie Atemtechniken.

Strategien auf betrieblicher Ebene

  • Schulen Sie Ihre leitenden Mitarbeitenden zu den Anzeichen für Burnout und bieten Sie auch dem übrigen Team entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und eine Arbeitsplatzkultur fördern, in der ihr eigenes Wohlbefinden und das ihrer Mitarbeitenden einen hohen Stellenwert hat.
  • Erkundigen Sie sich regelmäßig nach dem Wohlbefinden Ihrer Teammitglieder und vermitteln Sie Ihrem Führungspersonal, wie sie Warnzeichen erkennen.
  • Beauftragen Sie ein Teammitglied offiziell damit, das Team über geistige und emotionale Gesundheit aufzuklären.
  • Halten Sie Mittagspausen und andere Auszeiten sowie bezahlten Urlaub strikt arbeitsfrei.
  • Bieten Sie Mitarbeitenden Möglichkeiten zur Eigenbeurteilung und besprechen Sie die Ergebnisse.
  • Platzieren Sie in der gesamten Praxis visuelle Erinnerungen.
  • Organisieren Sie kostengünstige oder kostenlose psychologische Unterstützung für Teammitglieder.
  • Berücksichtigen Sie Ihr Team bei der Erstellung der Arbeitspläne und opfern Sie niemals die geistige oder emotionale Gesundheit eines Teammitglieds für mehr Produktivität.
  • Beginnen Sie jeden Morgen mit einer kurzen, positiven Versammlung.
  • Kommunizieren Sie deutlich, dass sich unzufriedene Teammitglieder mit Gerüchten oder Beschwerden anstatt an ihre Kollegen lieber direkt an ihre Teamleiter wenden sollen, um Hilfe oder Lösungsvorschläge zu erhalten.
  • Schaffen Sie ein psychologisch sicheres Umfeld, in dem Teammitglieder ohne Angst ihre Meinung äußern können und sich dabei gehört fühlen.

Alle für einen

Letztendlich spielt es keine Rolle, wie die genauen Symptome eines Burnouts aussehen: Niemand sollte allein damit zurechtkommen müssen. Um eine positive Grundeinstellung und eine starke mentale Gesundheit selbst angesichts noch so überwältigender Herausforderungen zu behalten, braucht es Teamwork und gegenseitige Unterstützung. Der erste Schritt im Umgang mit Burnout kann allein darin bestehen, das Problem zu benennen, doch in einem nächsten Schritt sollte man sich Unterstützung holen. Dabei wird man sehr schnell überrascht sein, wie viele helfende Hände einem gereicht werden.

Sarah Wooten
DVM, CVJ

Dr. Sarah Wooten machte ihren Abschluss 2002 an der UC Davis School of Veterinary Medicine und übernimmt heute eine Vorreiterrolle in den Bereichen Veterinärmedizin und Tiergesundheitsversorgung. Sie besitzt über 10 Jahre Erfahrung als Vortragsrednerin sowie in der Öffentlichkeitsarbeit und verfasst Beiträge für eine große Zahl an Online- und Printpublikationen auf dem Gebiet der Tiergesundheit. Dr. Wooten arbeitet seit 2015 als Vortragende in der veterinärmedizinischen Weiterbildung und behandelt in dieser Rolle Themen wie Führungskompetenz, Kundenkommunikation und persönliche Entwicklung. Darüber hinaus ist Dr. Wooten eine zertifizierte Veterinärjournalistin, Mitglied der AVMA und besitzt 16 Jahre Berufserfahrung in einer Kleintierpraxis. Daneben ist sie eine der Entwicklerinnen des beliebten Kartenspiels „Vets against Insanity“. In ihrer Freizeit findet man sie beim Skifahren in Colorado oder beim Haitauchen in der Karibik. Keine halben Sachen. Weitere Informationen finden Sie auf drsarahwooten.com. Die in diesem Beitrag behandelten Ansichten und Standpunkte sind die der Autorin und spiegeln nicht zwangsläufig die Ansichten von The Vetiverse oder IDEXX wider.