Mehr Nachhaltigkeit für Ihre Tierarztpraxis
Am 22. April war Earth Day – Tag der Erde. Haben Sie schon einmal überlegt, wie Sie als Tierarzt/ärztin nachhaltiger arbeiten können?
Die Gesundheitsbranche – ganz egal, ob im Bereich Tier- oder Humanmedizin – hat zweifellos einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt. Aber keine Sorge: Es gibt Mittel und Wege, wie Sie Ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren können, ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit Ihrer Patienten und bei Ihren Standards machen zu müssen.
Vielleicht sind Sie bereits Teil eines "grünen" Teams, haben in Ihrer Praxis Richtlinien für mehr Umweltschutz etabliert, oder aber Sie stehen noch am Beginn der Umsetzung von mehr Nachhaltigkeit – in jedem Fall finden Sie hier drei Möglichkeiten, mit denen Sie und Ihr Team einen Beitrag zur Umwelt leisten können.
Drei Wege, um Ihren ökologischen Fußabdruck als Tierarzt zu verringern
Auch wenn Nachhaltigkeit in der Medizin nicht über Nacht realisiert wird, sollten Sie die folgenden Schritte in Betracht ziehen, um als Tierarzt/ärztin zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen.
1. Steigen Sie auf Low-Flow-Anästhesie um oder wechseln Sie das Narkosemittel
Regen Sie Ihr Team zur Verwendung von Low-Flow-Anästhesie an, um den Eintrag von Narkosegasen (starke Treibhausgase) in die Atmosphäre zu reduzieren, und suchen Sie gemeinsam Wege, um die Verwendung von Lachgas vollständig zu vermeiden. Planen Sie außerdem im Voraus und treffen Sie schnelle Entscheidungen, um ausgedehnte oder unnötige Narkotisierungen zu vermeiden und die Gasmenge zu verringern. Eine Stunde einer Isofluran-Anästhesie bei einem Hund entspricht dem Treibhausgaseffekt von knapp 20 km Autofahrt mit einem durchschnittlichen Auto.
Nutzen Sie Medikamente und Techniken, die mit wenigen flüchtigen Substanzen auskommen. Dazu zählen nach Möglichkeit auch entsprechende Prämedikation und Analgesie wie Boli, eine intravenöse Teilnarkose oder Regional-/Lokalanästhesien. Ziehen Sie die Verwendung von Sevofluran anstelle von Isofluran in Betracht. Obgleich es ein weniger starkes Narkosemittel als Isofluran ist, hat es einen deutlich geringeren Treibhausgaseffekt und trägt weniger stark zur Erderwärmung bei. Überprüfen Sie Ihr Narkosegerät, den Vapor und die Beatmungssysteme regelmäßig auf Lecks oder Leistungsprobleme, die zu mehr Abgasen führen könnten.
2. Prüfen Sie den ökologischen Fußabdruck Ihres OPs
Die Auswirkungen von Narkosemitteln auf die Umwelt, große Abfallmengen, Einwegplastik – all diese Faktoren tragen dazu bei, die Ökobilanz von OP-Sälen zu verschlechtern. Dem können Sie entgegenwirken, indem Sie Schritt für Schritt Maßnahmen ergreifen, um den Fußabdruck Ihres OPs zu verkleinern.
Eine Studie im Journal of the American College of Surgeons kam zu dem Schluss, dass wiederverwendbare OP-Hauben aus Stoff verglichen mit Einweghauben eine überlegene Leistung in Bezug auf mikrobielle Kontamination zeigen. Wiederverwendbare OP-Textilien können sich demnach tatsächlich positiv auf die medizinische Versorgung der Patienten auswirken und sind gleichzeitig schonender für die Umwelt.
Eine im AORN Journal veröffentlichte Studie lieferte Belege dafür, dass wiederverwendbare Textilien deutlich weniger Auswirkungen auf die Umwelt haben. Aus den Ergebnissen ging hervor, dass wiederverwendbare OP-Kleidung im Vergleich zu Einwegmaterialien den Verbrauch natürlicher Ressourcen, Treibhausgasemissionen, den Verbrauch von sogenanntem blauen Wasser und die Produktion von Feststoffabfällen reduziert. Wiederverwendbare Abdeckmaterialien für bestimmte Eingriffe können sich als sinnvolle Alternative erweisen, um Abfall zu reduzieren, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten beeinträchtigen. All diese Maßnahmen eignen sich hervorragend, um einen Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten.
Handwaschbürsten werden zur Reinigung heute nicht mehr empfohlen. Verwenden Sie stattdessen am Tagesbeginn eine alkoholische Handreinigung nach der Handwäsche. Diese Methode ist wirksamer als die traditionellen Bürstentechniken und spart zudem Wasser.
3. Gehen Sie verantwortungsbewusst mit Antibiotika und anderen Medikamenten um
Antibiotikaresistenzen gehören zu den bedeutendsten und drängendsten Herausforderungen für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Daher sollten Sie prüfen, ob Sie den Einsatz von Antibiotika einschränken können, ohne negative Auswirkungen auf die Gesundheit und medizinische Versorgung der Tiere in Kauf zu nehmen. Vermeiden Sie den Einsatz von Antibiotika wann immer möglich, u. a. im Zusammenhang mit einer routinemäßigen Gruppenprophylaxe oder um einer möglichen Klage vorzubeugen. Antibiotika sollten nur nach einer Resistenztestung angewendet werden. Achten Sie besonders auf die Reduzierung von Antibiotika wie Fluorchinolonen und Cephalosporinen der dritten Generation, die von der Weltgesundheitsorganisation als "höchste Priorität und besonders wichtig" klassifiziert werden.
Nachhaltige Lösungen zur Verhinderung von Krankheiten und zum Schutz der Tiergesundheit und des tierischen Wohlbefindens – z. B. Verbesserungen bei Tierhaltung, Impfungen und proaktiver Gesundheitsplanung – stellen mitunter eine valide Alternative dar, um der Notwendigkeit der Antibiotikagabe schon im Vorfeld vorzubeugen.
Optimieren Sie Ihren Medikamenteneinsatz, indem Sie Produkte verantwortungsvoll auswählen. Greifen Sie auf bakteriologische Untersuchungen zurück, sorgen Sie für Compliance und beraten Sie Kunden zur Eindämmung umweltschädlicher Auswirkungen in Verbindung mit erforderlichen Behandlungsmaßnahmen.
Die Rolle von Tierärzten für die Förderung von Nachhaltigkeit
Tierärzte/innen haben den Anspruch an sich selbst, das Wohl und die Gesundheit der ihnen anvertrauten Tiere zu schützen. Darüber hinaus sollten Sie auch an all jene Tiere denken, die nicht von Ihnen betreut werden – die Tiere, die als Konsequenz menschlichen Handelns Leid erfahren, oder die Tiere, die Sie im Rahmen der Verbesserung der Gesundheit, des Wohlbefindens und der Produktivität Ihrer Patienten unbeabsichtigt beeinflussen.
Als Veterinärmediziner verfügen Sie über ein einzigartiges Verständnis der menschlichen, und tierischen Gesundheit sowie der Umweltgesundheit. Sie agieren als wichtiger Akteur des Wandels, da Sie in vielen verschiedenen Sphären wirken: persönlich, in der Familie, bei Ihren Mitmenschen (über den Arbeitsplatz, Berufsverbände usw.) sowie in der Gesellschaft allgemein. Menschen nehmen Informationen besser auf, wenn sie von Fachleuten kommen, denen sie vertrauen. Als Tierarzt verfügen Sie über wissenschaftliche Kenntnisse, gute Kommunikationsfähigkeiten und besitzen das Vertrauen und die Anerkennung der Menschen in Ihrer Region – ein Verdienst, das Sie sich über Ihre Dienstleistungen erarbeitet haben. Diese Voraussetzungen machen Sie und alle Mitglieder der veterinärmedizinischen Branche zu idealen Botschaftern für eine nachhaltigere, gesündere Zukunft, indem Sie sich für Klimaschutz stark machen, einen verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika propagieren und sich für einen schonenden Ressourcenverbrauch einsetzen.